Geschichte der Narreneltern

Teil 1: Von den Gründungsjahren bis zu den 70 igern.

Eine Narrenhochzeit ist für Pfullendorf ein seltenes Ereignis. Denn nicht alle Narrenelternpaare in der Geschichte der Zunft haben sich letztendlich vor den Traualtar begeben.

 

Der Inspirator und Gründer der Narrengesellschaft „Narrhalla“ (ab 1951 NZ Stegtrecker)  Johannes Nepomuk Lang galt als erster Narrenvater und war ab 1856 ganze 39 Jahre lang im Dienste des närrischen Nachwuchses unterwegs.

 

Die damalige Narrenmutter wurde in den historischen Unterlagen nie namentlich erwähnt. Ob es eine Narrenmutter gab, kann man heute nicht genau beantworten. Erst 1896, als Johannes Nepomuk Lang das Narrenvaterzepter an seinen Nachfolger Dr. Josef Schreck übergab, wurde zum ersten Mal die Narrenmutter erwähnt.

 

Der Kronenwirt Josef Rossknecht hat diese Figur bis 1905 verkörpert. Dr. Josef Schreck, damaliger Medizinalrat und Ehrenbürger der Stadt Pfullendorf, hat der Pfullendorfer Fasnet eine fruchtbare Zeit beschert. Von der Zeit der großen Fastnachtsspiele war immer wieder die Rede. 

 1921 Narrenmutter Fritz Rossknecht und   Narrenvater August Heinzle
1921 Narrenmutter Fritz Rossknecht und Narrenvater August Heinzle

August Heinzle trat dann 1906 die Nachfolge des scheidenden Narrenvaters Dr. Josef Schreck an.

 

Während seines Wirkens bis 1956 verbrachte er die närrische Zeit mit drei verschiedenen Narrenmüttern. Dies waren im Einzelnen:

  • Fritz Roßknecht (1906-1930)
  • Wilhelm Weber   (1931-1939)
  • Karl Roßknecht  (1948-1956)
  • Fabrikant Fa. KARO.

Dem Engagement von August Heinzle ist es auch zu verdanken, dass die Narrenzunft Stegstrecker 1925 in die Vereinigung Schwäbisch Alemannischer Narrenzünfte aufgenommen wurde.

 

Damals waren 21 Narrenzünfte unter dem Dach der VSAN vereinigt. Heute zählt die Vereinigung ganze 69 Mitgliedszünfte.

1957 bis 1959 gab es dann unter der neuen Narrenmutter Karl Ehren innerhalb der beiden Jahre zwei Narrenväter, die mit der Narrenmutter in wilder Ehe lebten (Friseurmeister Leo Martin und Dr. Ernst Korte). Als Paul Kaufhold an der Fasnet 1959 zur neuen Narrenmutter gekürt wurde, durfte sich der spätere Zunftmeister Paul Kerle für drei Jahre Narrenvater nennen. Die restlichen Jahre bis 1967 hatte Paul Kaufhold als Narrenmutter leider niemanden an seiner Seite.

In den Jahren 1968 bis 1975 gab es unter den Narreneltern wieder regen Wechsel. Während Heinz Dingler und Theodor Vogler sich diese Jahre jeweils als Narrenmutter teilten, durfte Heinz Dingler mit Willi Müller einen Narrenvater sein Eigen nennen und Theodor Vogler zwei Narrenväter. Dies waren Heinz Bosch und Arthur Gmeinder jeweils zwei Jahre.

Teil 2: Heinz Kühnlenz, vom Soldat zur Narrenmutter

Das damalige Narrenbrautpaar: Narrenmutter „Henriette“  (H. Kühnlenz) und Narrenvater der „Bunte Otto“  (O. Ritter)
Das damalige Narrenbrautpaar: Narrenmutter „Henriette“ (H. Kühnlenz) und Narrenvater der „Bunte Otto“ (O. Ritter)

1976 war es dann soweit: Ein Soldat aus dem Bayrischen trat in Erscheinung. Heinz Kühnlenz übernahm in diesem Jahr das Amt der Narrenmutter. Zwei Jahre später hieß es dann „Große Narrenhochzeit“. Der „Bunte Otto“  (Otto Ritter) und „Henriette“ (Heinz Kühnlenz) traten in den Bund der Narrenehe ein. 

 

Der damalige Standesbeamte Herbert Held übernahm die Trauung und der gesamte Narrenrat fungierte als Trauzeuge. Die Trauung fand damals im HdB statt. Vor der Hochzeit waren mehrere Tage lang 6 Hochzeitslader in Frack und Zylinder unterwegs, um die ganze Bevölkerung und alles, was Rang und Namen hat, zur Hochzeit einzuladen bzw. die erfreuliche Nachricht kundzutun. 

Die Hochzeitslader von 1978. Von links nach rechts: Karl Obert, Heinz Kühnlenz, Heinz Bosch, Theodor Vogler, Josef Schuler  und Hans Gsell.
Die Hochzeitslader von 1978. Von links nach rechts: Karl Obert, Heinz Kühnlenz, Heinz Bosch, Theodor Vogler, Josef Schuler und Hans Gsell.

1981 übernahm Peter Matu- schewitz das Narrenvater- zepter von Otto Ritter.

 

Peter Matuschewitz war mit einer kurzen Pause 1985 (Vertreter dafür waren Franz Traub, Heinz Bosch und Karl Fehrenbach) bis 1996 Narrenvater an der Seite von Heinz Kühnlenz.

 

Nun kam auch die Zeit, als die großen Umzüge der Vereinigung Schwäbisch Alemannischer Narrenzünfte im SWR Fernsehen live übertragen wurden.

Die erste Übertragung wurde aus Bad Canstatt gesendet. Ab sofort bekamen die Pfullendorfer Narreneltern durch ihre einmalige Erscheinung einen Bekanntheitsgrad bis weit über die Pfullendorfer Stadtgrenzen hinaus. Sonja Faber Schrecklein suchte bei den Umzügen immer wieder gerne die imposante Narrenmutter auf, um mit ihr ein kleines Schwätzchen zu halten.

 

Nach 15 Jahren wilder Ehe zwischen Henriette und Peter gab es einen neuen Anwärter an der Seite der Narrenmutter Henriette. Kein Geringerer als Thomas von den Oberen, Hänselesohn (Thomas Obert) trat 1997 mit „Henriette“ in den Bund der Narrenehe ein. 

Narrenhochzeit 1997: Die Narreneltern in der Kutsche
Narrenhochzeit 1997: Die Narreneltern in der Kutsche

Die Narrenhochzeit in diesem Jahr wurde pompös gefeiert. Die gesamte Fasnet stand unter dem Motto der Narrenhochzeit.

 

Am Schmotzigen Dunschtig gab es einen Hochzeitszug vom Hotel Krone zum Marktplatz, wo das Brautpaar lautstark vom närrischen Volk empfangen wurde.

 

Der Marktplatz platzte aus allen Nähten. Aus Markdorf kam der damalige Zunftmeister „Otto Gäng“ (heute Vizepräsident der Schwäbisch Alemannischen Narrenvereinigung) in Begleitung seines Narrenvaters „Klaus“, um die besten Wünsche von der Pfullendorfer Patenzunft zu überbringen. Die Trauung übernahm der damalige Schultes Heiko Schmid. Trauzeugin war die damalige Gruppenführerin der Trachtengruppe Sigrun Dinter. 

Teil 3: Thomas und Thomas sind die neuen Narreneltern

Nach 15 Jahren Narrenehe mit Thomas von den Oberen verabschiedete sich Henriette nun endgültig in den Ruhestand. Heinz Kühnlenz wurde für die Verdienste, die er in seinem 36-jährigen Wirken als Narrenmutter und auch als Geschäftsführer der Narrenzunft Stegstrecker erbrachte, zum Ehrenmitglied und zur Narrengroßmutter ernannt. Bei seinem Eintritt in den Ruhestand betonte er noch, dass es kein Narrentreffen gab, bei welchem er nicht als Narrenmutter dabei gewesen wäre. Da kann man nur sagen: „Hut ab“.

Die neuen Narreneltern treten zum ersten Male an  der Fasnet 2013 auf.  Franzi v. der Festweide   (Thomas Hiestand)  Thomas von den Oberen (Thomas Obert)
Die neuen Narreneltern treten zum ersten Male an der Fasnet 2013 auf. Franzi v. der Festweide (Thomas Hiestand) Thomas von den Oberen (Thomas Obert)

Nachfolger von Heinz Kühnlenz wurde letztes Jahr Thomas Hiestand, jener Thomas Hiestand, der das damalige Brautpaar 1997 auf einem grünen Traktor sitzend und die Kutsche ziehend an den närrischen Traualtar geleitet hatte.

 

Im vergangen Jahr (2013) haben sich „Thomas von den Oberen“ und „Franzi von der Festweide“ (Thomas Hiestand) verlobt und gemäß dem diesjährigen Motto „De Ma isch noit vertloffa“ kann am „Schmotzigen Dunschtig um 11.11 Uhr geheiratet werden. Die Trauung wird der Pfullendorfer Schultes Thomas Kugler durchführen.

 

Seit dem 11.11.2013 sind vier Hochzeitslader in Frack und Zylinder in Stadt und Land unterwegs, um der Bevölkerung, den Vereinen und allen befreundeten Narrenzünften die frohe Botschaft zu verkünden. Sie werden noch bis zum Mittwoch vor dem Schmotzigen das bevorstehende Ereignis kundtun.

 

Ein Hochzeitszug mit Start am Obertor gegen 11.00 Uhr geht diesem großen Ereignis voran. Alle Pfullendorfer Narren, Halbnarren, Hiesige und Reigschmeckte sind aufgerufen, den Hochzeitszug, welcher aus den Stregstreckern, der Stadtmusik, befreundeten Zünften und Gruppen, dem Narrensamen und natürlich dem Hochzeitspaar besteht, zu begleiten.